14.12.2014  Déménagement

mytable

 

Mein Tisch!

Ich bin umgezogen. Vom Möwennest eine Etage tiefer. Nicht, dass ich meine Nachbarn, das kinderlose Möwenpaar nicht ertragen hätte, es war der Umstand, dass ich zwar eine herrliche Aussicht, aber keinen passenden Arbeitsplatz gefunden habe. Mir fehlte schlichtweg der Tisch, auf dem ich alles liegen lassen konnte. Der großzügige Wintergarten vor meinem Fenster wird auch von anderen Gästen, zwar sparsam, doch auch genutzt und ich hatte dort nicht die gesuchte Ruhe.

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Der wunderschöne Wintergarten.

Ich bin also einen Stock tiefer, in ein kleines Appartement über drei Etagen gezogen. Oben Schlaf- und Arbeitszimmer mit Blick auf die Gasse, eine Etage tiefer: Küche und zweites Schlafzimmer und ganz unten das Badezimmer und mein eigener Hauseingang. Besser konnte ich es kaum treffen.

Supermärkte sind in meinen Augen der Spiegel der Gesellschaft, die dort einkauft. Es gibt hier einen und ich bin neugierig, was in den Regalen steht, wie der Markt aufgebaut ist, ob marokkanische Zahnpastatuben verpackt und designt sind, ob es ein Kühlregal gibt, eine Fleischtheke, Kosmetika, Tampons?

Der Supermarkt liegt im Neubauviertel, vor den Toren der Altstadt. Dort hinzugelangen geht so: Man tritt vor die Stadtmauer wo eine ganze Reihe an blauen Stadttaxen bereitsteht. Man steigt in das erste, das sich am nächsten zur Médina befindet und nennt das Ziel. Dabei ist, was den Fahrpreis angeht, egal wohin man möchte. Die blauen Taxen dürfen das Stadtgebiet nicht verlassen, der Preis ist nicht verhandelbar, jede Fahrt, egal wohin, kostet 7 Dihram. 70 Cent. In der Neustadt und am Ausgang vom Judenviertel findet man auch Droschken. 2 Dihram pro Fahrt pro Person.

Wenn ich nicht wüsste, wo ich gerade bin, ich würde auf einen ländlichen französischen Supermarkt tippen. Selbst die Regale in ähnlicher Choreographie. Im Eingangsbereich: Gasflaschen, Küchengeräte und -utensilien, Kühlschränke, Küchenherde, elektronische Geräte. Man bekommt fast alles. Im oberen Stockwerk Kleidung, Hygiene-, Garten- und Haushaltsartikel. Die Produkte, Seifen, Cremes, Shampoos, eine Mischung aus europäischer, überwiegend französischer und marokkanischer Herstellung. Le petit Marseillais: gleiche Verpackung, arabische Buchstaben, Head and Shoulders, französische Beschriftung. Es gibt eigentlich alles. Lediglich Produkte, die Schweinefleisch enthalten sucht man vergeblich (dafür muss man in die nahe gelegene, französische Charcuterie), und natürlich fehlt eine nicht ganz unwichtige Abteilung: die mit den Spirituosen.

Wir finden meinen Wein auf dem Rückweg in einem kleinen Laden zwischen Automechanik und Radioreparatur. Es gibt Bier und als Maryem und ich nach Wein fragen, klappen sie den Tresen zurück, so dass wir dahinter treten und die in den Regalen verteilten Weinflaschen aus der Nähe betrachten können. Es gibt nur marokkanischen, von sehr günstig von bis ziemlich teuer. Ich nehme einen mittelteuren für 70 Dihram – und auch erst einmal nur eine Flasche, zum Testen. Ich habe den marokkanischen Wein, den ich am Freitagabend mit Titus in einer versteckten Bar getrunken habe, als recht schlicht in Erinnerung.

Den Rest des Tages regnet es ausgiebig. Ich richte mich in meinem Appartement ein.

Abends bin ich doppelt froh, nur eine Flasche Wein gekauft zu haben: die entpuppt sich nämlich als korkig und was ich dahinter schmecke ist kein Stoff zum Gedichteschreiben.

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