Normalerweise meide ich samstags die Innenstadt. Heute muss ich. Ich besitze eines der alten Apple Telefone mit fehlkonstruiertem Akku (Akku auf 60 %, man macht z.B. eine Fotoaufnahme, schwarzer Bildschirm, Akku leer), sie wechseln mir das Ding aus – trotz abgelaufener Garantie. Ich Glückskind! Auch wenn ich nicht vorhabe in Marokko ständig zu telefonieren, ein funktionierendes Telefon ist ein guter Reisebegleiter. Termine im Riesenappleladen am Jungfernstieg sind rar, man nimmt den, den man kriegen kann. Ich den am Samstag, 17.40 Uhr.
Weil ich zu früh bin, gehe ich vorher durchs Alsterhaus, Dinge ansehen, die ich mir nicht kaufen werde. Ich bin erstaunt. Erstaunt über das, was es da zu kaufen gibt und nicht erst seit heute, ich weiß es ja, aber es ist mir niemals so bewusst gewesen wie heute, da ich ganz sicher nichts kaufen werde.
Ich frage mich, umgeben, von sündhaft teuren Dingen, die im Eiltempo gealtert sind, was da los ist. Ja, bei uns nennt man das Vintage. Aber was für ein Schrott! Ledertaschen mit dunklen Flecken, Stiefel, die aussehen, als habe mein Sohn sie versehentlich mit der falschen Schuhcreme behandelt, durch künstliche Tragefalten selbst-stehende Jeans, Cordhosen mit abgegriffenen Taschenrändern, allerlei Hosen mit merkwürdigsten Waschungen, mottenzerfressene Pullover, ausgefranste Säume an Röcken und Hemden, T-Shirts unsäglich verfärbt, als habe man sie (obertrottelig) tausendmal in die falsche Wäsche gepackt. Absurd, dieser sichtbar alberne Betrug.
Später, im Apple Laden an Tisch drei, wo ich die Nummer vier bin, kommt mir der Gedanke, dass, obwohl auf den ersten Blick widersprüchlich, dieser merkwürdige Trend doch großartig zur botoxenden und bleachenden Einkaufs-Gesellschaft passt, inmitten der ich mich gerade aufhalte. Nur, in Eile wie vorgestern aussehen zu wollen, egal mit welchem Ziel, wirkt eben leider künstlich.
Ach so, das Telefon. Das haben sie dabehalten. Und mir ein nigelnagelneues mitgegeben. Darüber könnte man jetzt auch nochmal nachdenken.