Im Hotelzimmer

Im Bischofsschloss, Marktdorf

Offenbar habe ich über meine App das letzte freie Hotelzimmer ergattert. Das ist ein Glück, denn es ist Wochenende und offenbar feiert man am Bodensee gern an Sommerwochenenden Hochzeiten. Alles schien ausgebucht. Nun darf ich im Turmzimmer schlafen. Ich habe einen Wein getrunken. In einem Winkel des Schlosses in der Abendsonne gesessen und mit eintretender Wirkung, also milder werdendem Blick, auf die an mir vorbei huschenden Hochzeitsgäste geblickt. Es sind ja doch immer auch Veranstaltungen bei denen sich eine Vielzahl an Menschen mit der Absicht, sich hübsch zu kleiden, verkleidet.

Die Hochzeit findet im Innenhof statt. Kinder treten einen Fußball gegen die alte Schlossmauer. Zusammen mit der 90er Jahre – Kuschelrock – Musik (wie alt mag das Brautpaar wohl sein?), meinem Herzschlag und dem nachhallenden Wein, ein angenehmer Takt. Kurz vor Mitternacht, fast eingeschlafen, intoniert ein offenbar nach Claqueuren heischender Nachtwächter unter meinem Fenster altertümliche Lieder. Er sing aus voller Brust. Über das Leben und die Nacht, das Schlafen und Erwachen und ich fürchte Letzteres nicht mehr rechtzeitig zu können, weil ich nicht ausreichend zu Vorletzterem kommen werde.

Das Hotel hat in kluger Vorahnung eine kleine Pappschachtel mit der freundlichen Aufschrift ‚falls Ihr Partner schnarcht’ auf meinem Kopfkissen hinterlassen.

Ich hatte bei der Entdeckung ein wenig lächeln müssen, weil ich hier ein Einzelbett habe und selbst bei großer Liebe kaum Platz für einen Partner wäre. Die haben Humor, die Leute hier.

Und dann, kurz nach Mitternacht das: Die Erkenntnis: Natürlich kann kein Hotelbesitzer dieser Welt auf eine solche Schachtel schreiben: ‚Falls der Nachtwächter Ihnen die Nachtruhe stiehlt.’ Außerdem würde sich im Hinblick auf die Anzahl an Nachtwächtern in diesem Land die Produktion wahrscheinlich nicht rentieren. All das dachte ich schnell und emotionslos, während ich mir die billigen und nicht sehr effektiven Schaumstoffstöpsel in die Gehörgänge presste.

Kurz darauf übermannte mich der Schlaf.

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